Sebastian Cohen
OHNE Chance                         Der 4. Teil der Duke-Reihe
Der kalifornische Sommer steht kurz vor der Tür und Duke schmiedet aufgeregt in seinem Beachbüro neue Pläne. In Gedanken ist er bereits auf dem Weg ins tropische Hawaii, um Tanya zu überraschen, mit der er eine traumhafte Nacht verbracht hatte, wo Sex neu erfunden wurde. Das Einzige, was ihn von der Reise abhält, sind zwei Namen, die noch auf seiner Liste stehen. Erst wenn diese beiden Gesellschaftsparasiten ihre verdiente Bestrafung bekommen haben, kann Duke sein altes Leben hinter sich lassen und sich endlich von all dem Bösen befreien, das in ihm schlummert. Doch so einfach, wie er es sich vorgestellt hat, wird es nicht. Unerwartet bildet sich eine neue Gewitterwolke, die Ärger mit sich bringt und neue Gegenspieler, die jeden guten Plan für eine ruhige Zukunft zunichtemachen. Unabsichtlich wird er in neue, gefährliche Abenteuer gezogen, deren Ausgang seine Welt auf den Kopf stellt und die eigene Existenz infrage stellt.
Kapitel 1 D ie aufgehende Sonne blendete Duke, als er gähnend aus dem Panoramafenster des Beachbüros schaute und versuchte, seine verstrubbelten Haare zu bändigen. Wieder ein perfekter Tag, um sich am Strand einen kostenlosen Muskelkater zu holen, dachte er und sah sich bereits im weißen Sand joggen. Für einen doppelten Moment verlor er sich in der Weite des Ozeans und beobachtete fasziniert, wie eine Gruppe von Pelikanen so knapp über die Wellen segelte, dass ihre Flügel fast das Wasser berührten. Erst ein leichtes Hungergefühl zwang ihn, sich von dem Zauber des Moments zu lösen und in die Küche zu gehen. Nach einem ernüchternden Blick in den Kühlschrank beurteilte er die gähnende Leere als Zeichen, zum Pier hinüberzulaufen, um dort zu frühstücken. Mit den Händen in den Taschen schlenderte er auf der Strandpromenade entlang und genoss die Einfachheit seines Lebens, wo es keine Termine gab und er auf einen Kalender schauen musste, um sich bewusst zu sein, welcher Tag gerade war. Mit dem Blick auf die Wellen, die heute deutlich höher den Strand heraufrollten, ging er ein weiteres Mal den arrangierten Unfall vom Vortag durch. Soweit hatte sein Plan für ein verfrühtes Ableben des Anwalts bestens funktioniert. Somit standen nur noch zwei Personen auf seiner Liste, wobei ganz oben der korrupte Cop die Favoritenrolle einnahm, gefolgt von Mr. Krüppelmacher. Bevor er sich in den Kreativmodus steigern konnte, um sich eine geeignete Vergeltungsmaßnahme auszudenken, bemerkte er aus dem Augenwinkel einen neu eröffneten Bagel-Shop. Normalerweise ließ er sich nicht durch plumpe Werbung von Restaurants oder Lieferdiensten verführen, die damit protzten, das beste Produkt der Welt herzustellen. Da er aber heute Appetit auf so ein paar Bagels hatte, die hier lecker auf einem Werbeaufsteller beschrieben wurden, machte er an diesem Morgen eine Ausnahme. Es waren Mexikaner, die ihn mit französischem Akzent begrüßten. Oder waren es doch eher Franzosen, die mexikanisch aussahen? Selbst, als er seine Bestellung aufgab, war er sich noch immer nicht sicher, wie die freundliche Bedienung einzuordnen war. Während er auf sein Essen wartete und einen recht guten Kaffee genoss, überlegte er, was heute auf seinem Plan stand. Die rechte Hirnhälfte machte ein paar Vorschläge und die linke protestierte dagegen. Nach einer Weile überstimmte er mit der linken Hirnhälfte die rechte mit dem Resultat, heute nichts anzustellen, was mit Pläne schmieden und Vergeltung zu tun hatte. Die vergangenen Tage waren anstrengender gewesen, als er sich eingestehen wollte. Jederzeit Herr der Lage zu sein, immer flexibel zu reagieren und auf hohem Niveau zu operieren, war selbst für ihn, der wieder fit war, eine Herausforderung. Auch wenn er körperlich nicht den Eindruck hatte, eine Auszeit zu benötigen, war ihm heute danach, irgendetwas Schönes zu unternehmen. Definitiv musste er einmal den Kopf freibekommen und abschalten. Beim Essen beobachtete er die Möwen, wie sie im Wind der Morgenbrise segelten. Ihr Synchrontanz brachte ihn auf die Idee, einmal zu prüfen, wo sich hier in der Nähe der nächste Flugplatz befand. Es konnte ja nicht schaden, mal wieder ein paar Flugstunden zu sammeln. Wie oft hatte er vom Fliegen geträumt, als er noch an den Rollstuhl gefesselt war! Die Bagels waren vielleicht nicht die besten der Welt, doch sicherlich die besten Lochbrötchen so nahe bei seinem Beachbüro. Die Kombination aus Lachs, Frischkäse und Gurke war perfekt. Wieder ein kleines Café, was er sich merken sollte. *** Barfuß und mit bloßem Oberkörper schlenderte Duke gemütlich am Strand zurück. Kurz fragte er sich, wann man wohl den Anwalt im Fahrstuhlschacht finden würde, doch dann ermahnte er sich, die Morgensonne zu genießen und sich gedanklich frei zu machen. Der Anwalt war beseitigt und somit war es keine Nervenzelle mehr wert, sich damit zu belasten. Vom Strand aus schaute er zu seinem Beachbüro hoch und war stolz auf das, was er sah. Langsam fühlte er sich angekommen in Kalifornien und musste einmal mehr feststellen, dass es die beste Idee gewesen war, aus Keene abzuhauen. Er lebte den Traum, den andere sich nicht wagten zu träumen. Mit einem frischen Level 10 setzte er sich in seinen Chefsessel und klappte das Notebook auf. Bevor er die Idee verfolgen konnte, nach dem nächstgelegenen Flugplatz zu suchen, nahm er sich die Zeit und schaute nach seinen finanziellen Ressourcen. Es war schon eine Weile her, dass er die Download-Statistik gecheckt hatte und ob die Spiele buchstäblich noch Geld einspielten. Zufrieden mit dem Kontostand, wechselte er zur Spielestatistik. Dort sah es nicht so rosig aus. Die Gratisspiele wurden weiterhin gut frequentiert, doch die kommerziellen Spiele hatten deutlich nachgegeben. Der Retro-Trend schien vorbei zu sein. Das Einzige, was gut lief, war weiterhin sein karitatives Rollstuhl-Spiel. Darüber freute er sich wirklich, denn es gab kein besseres Gefühl, als zu helfen. Obwohl da musste er sich korrigieren eher das Zweitbeste, denn die Liebe zählte ja nun auch zu den ganz großen Gefühlen. Duke war heute zu gut gelaunt, um sich von der negativen Entwicklung der Spiele den Tag vermiesen zu lassen. Stattdessen durchsuchte er das Internet nach einem Flugplatz und wurde rasch fündig. Er konnte kaum glauben, dass es nicht weit weg von seinem Büro den Torrance Airport gab. Kurzentschlossen setzte Duke sich ins Auto und erreichte nach nur 20 Minuten das Zamperine Field, wie es offiziell genannt wurde. *** Den Wagen stellte er auf dem Parkplatz neben einem Museum ab, auf dessen Dach eine alte F16 thronte. Aus dem Internet hatte er vorher erfahren, dass dieses Museum eine interessante Kollektion von historischen Flugzeugen besaß, die es selten zu sehen gab, und das wollte er sich auf keinen Fall entgehen lassen. Zuerst würde er sich den Flugplatz näher ansehen und später im Museum vorbeischauen. Neben der Eingangstür des Museums stand ein Infoständer mit ein paar interessanten Flyern. Duke griff sich einen Flyer der ansässigen Flugschule und blätterte ihn durch, lächelte voller Vorfreude und folgte der aufgedruckten Wegbeschreibung. Nach wenigen Gehminuten fand er sich vor einer verschlossenen Tür wieder. »Debbie und Lillian sind drüben im Restaurant, falls Sie die beiden suchen«, rief ihm jemand zu, der gerade den Gehweg fegte. Duke hob dankend die Hand und ging auf das Restaurant zu. Beim Eintreten entdeckte er im hinteren Teil zwei Damen bei einem Kaffee sitzen. Unverkennbar Zwillingsschwestern, nur, dass die eine rote Haare hatte und die andere wohl den blondierten Look bevorzugte. Ihm gefiel das Restaurant auf den ersten Blick. Es war schon selbst ein kleines Museum, voller Relikte aus vergangenen Fliegertagen. »Hallo«, sprach er die Ladys selbstsicher an, »man sagte mir, dass ich hier jemanden von der Flugschule finden kann.« »Na, da bist du bei uns genau richtig«, antwortete ihm die Blonde in einem kecken Ton. »Was können wir denn für dich tun? Möchtest du fliegen lernen, um ein richtiger Mann zu werden?«, fragte ihn die Rothaarige. Beide Schwestern fingen an zu kichern. Duke nickte, hob die rechte Augenbraue und erwiderte: »Nein, eigentlich bin ich hier, um Ihren Laden stillzulegen. Sie haben gegen die Bestimmung 47B-C800, Abschnitt 27 verstoßen.« Den beiden verging sofort das Lachen, sie schauten sich fragend an und blickten verdutzt zu Duke. Schließlich fand die Blonde ihre Stimme wieder und erklärte kleinlaut: »Ich kann mich an solch eine Bestimmung gar nicht erinnern. Wann sollen wir denn gegen diese verstoßen haben?« Nachdem Duke ein sehr ernstes Gesicht aufgesetzt und eine kleine Kunstpause einlegt hatte, sagte er: »Gerade eben, als Sie sich über Ihren neuen Kunden lustig gemacht haben.« Ungefragt setzte er sich zu ihnen an den Tisch und als die beiden schnallten, dass er sie veräppelt hatte, lachten alle drei los. »Mann, du bist mir ja einer. Ich habe mir fast in den Schlüpfer gemacht«, sagte die Rothaarige erleichtert. »Ich bin Debbie und das ist meine Schwester Lillian.« Nachdem er sich ebenfalls vorgestellt und ihnen erklärt hatte, dass er bereits einen Pilotenschein besaß und Interesse bekundete, ab und zu eine Cessna zu chartern, wurde es mit den beiden Fliegerfrauen eine heitere Runde. Eine volle Stunde später gingen alle drei in den Hangar der Flugschule. Neben einer Cessna 172, auf der er gelernt hatte, stand noch eine zweisitzige 152er herum, die ebenfalls der Flugschule gehörte. »Ich würde vorschlagen, dass du mit mir eine Runde drehst und wenn ich sehe, dass du die Kiste gut im Griff hast, können wir gerne einen Chartervertrag aufsetzen.« »Können wir die 152er nehmen, die würde vollkommen ausreichen. Es ist ein Modell, das ich noch nicht geflogen bin.« »Okay«, sagte Debbie, »dann kontrolliere schon einmal den Flieger und ich hole die Papiere.« Die Einfachheit der kleineren Maschine war übersichtlich und als sie abhoben, fühlte er sich großartig. Die Cessna war brandneu und ließ sich super steuern. Nichts vibrierte und der Motor drehte angenehm leise. Debbie schlug vor, an der Küste entlang bis nach San Diego zu fliegen. Während des Fluges änderte sich langsam das Wetter, wobei sich die Wolkenuntergrenze etwas absenkte. Seine Bedenken, dass sich der perfekte Fernblick verschlechtern würde, waren unbegründet. Bis zum Erreichen von San Diego blieb die Aussicht konstant, wo Duke es sich nicht nehmen ließ, ein paar gekonnte Vollkreise über der Stadt zu drehen. Zwei Stunden nach dem Start landeten sie wieder sicher auf dem Zamperine Field. Wie ein Profi schwebte er auf der Piste 29 aus. Debbie klatschte begeistert bei seiner Landung und sagte noch im Cockpit, dass er jederzeit willkommen wäre, eine Maschine zu chartern. Spontan lud er die beiden Schwestern anschließend zum Mittagessen ein, erzählte dabei ein paar lustige Halbwahrheiten und hatte das Gefühl, zwei neue Freundinnen gewonnen zu haben. Er mochte ihren Humor und die groben Späße, die sie immer auf Lager hatten. Im Museum stellte er ernüchternd fest, dass hier überwiegend Militärflugzeuge ausgestellt waren, nicht gerade das, was er erwartet hatte. Was für eine Geldverschwendung, die hier herumstand. Tonnen von Dollar, die für Rüstung ausgegeben wurden, um dann letzten Endes in einem Museum zu verstauben. Etwas ziellos lief er durch die großen Hallen, entdeckte hin und wieder einige Flugzeuge, die er schon in anderen Ausstellungen gesehen hatte und fing an, sich zu langweilen. Enttäuscht und schon im Begriff den Ausgang anzusteuern, entdeckte er in einem kleinen Raum ein Exponat, das mit einem Mal seine ganze Aufmerksamkeit hatte. Duke stand vor einer Global Hawk Drohne und war erstaunt, diese hier vorzufinden. Soweit ihm bekannt war, befanden sich diese Dinger noch immer im aktiven Einsatz. Unauffällig drehte er sich um, doch niemand war zu sehen und Kameras gab es scheinbar ebenfalls nicht. Mutig stieg er über die Absperrung und berührte vorsichtig das fliegende Auge. In diesem Moment stellten sich seine Härchen am ganzen Körper auf und er bekam eine Gänsehaut, gefolgt von einem Kribbeln, das wie eine warme Welle durch ihn rauschte. Wow, dachte er demütig, wie viele Typen wohl durch solche Dinger schon gestorben waren. Er stellte es sich bildlich vor, wie so ein Turban-Träger mit seinem schicken Sprengstoffgürtel kurz zuvor aus einer Höhle gekrochen kam, um zu sehen, ob heute ein guter Tag war, sich bei Allah die 72 Jungfrauen abzuholen, um im nächsten Moment pulverisiert zu werden. Duke war sich nicht sicher, was er von solch einer Kriegsführung halten sollte, wo Soldaten im Schichtbetrieb in dunklen Containern mit einem Joystick in der einen und einem Becher Kaffee in der anderen Hand über Leben und Tod entschieden. Videospiel in Realität. Aus Highscore wurden Orden. Und wenn der Drohnen-Bändiger einmal abgelenkt war, weil er sich am Sack kratzen musste, dann gab es einen Abzug von Bonuspunkten für Kollateralschäden. Nachdenklich lief Duke ein paarmal um die Drohne herum und schoss einige Fotos von ihr. Wie er das Teil so musterte, fragte er sich, ob er seine unfertige Version des Flugsimulators nicht komplett neu überdenken sollte. Warum nicht einen Kracher programmieren, bei dem man einem Schurkenstaat mit einer Drohne die Hölle heiß macht? Langsam formte sich in seinem Kopf schon eine Idee zu dem neuen Projekt. Mit Sicherheit würde er dafür viele euphorische Spieler finden. Gewalt funktionierte immer. Somit könnten diejenigen, die durch die Musterung gefallen waren, wenigstens am Bildschirm beweisen, wie Demokratie funktioniert und dreidimensional allen zeigen, wie eine Flagge richtig geschwenkt wird. Duke schmunzelte ein wenig, denn er hatte das Spiel bereits im Kopf zum Leben erweckt. Denn wie sagte Michelangelo es schon so schön, als er den Marmorblock mit dem Werkzeug bearbeitete, um seinen David zu meißeln: „Er war schon vorhanden, ich habe ihn nur aus dem Marmor befreit“. Und Duke brauchte das Spiel nur zu programmieren.
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Auch wenn Duke bisher geglaubt hat, er wäre schon ein kleiner Teufel, wird er schmerzhaft eines Besseren belehrt. Wer sind diese skrupellosen Gegenspieler, die sein Leben aus dem Ruder laufen lassen? Und wer kann noch diabolischer sein als Duke?
Leseprobe Teil 5 Leseprobe
Sebastian Cohen
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Der kalifornische Sommer steht kurz vor der Tür und Duke schmiedet aufgeregt in seinem Beachbüro neue Pläne. In Gedanken ist er bereits auf dem Weg ins tropische Hawaii, um Tanya zu überraschen, mit
Der kalifornische Sommer steht kurz vor der Tür und Duke schmiedet aufgeregt in seinem Beachbüro neue Pläne. In Gedanken ist er bereits auf dem Weg ins tropische Hawaii, um Tanya zu überraschen, mit der er eine traumhafte Nacht verbracht hatte, wo Sex neu erfunden wurde. Das Einzige, was ihn von der Reise abhält, sind zwei Namen, die noch auf seiner Liste stehen. Erst wenn diese beiden Gesellschaftsparasiten ihre verdiente Bestrafung bekommen haben, kann Duke sein altes Leben hinter sich lassen und sich endlich von all dem Bösen befreien, das in ihm schlummert. Doch so einfach, wie er es sich vorgestellt hat, wird es nicht. Unerwartet bildet sich eine neue Gewitterwolke, die Ärger mit sich bringt und neue Gegenspieler, die jeden guten Plan für eine ruhige Zukunft zunichtemachen. Unabsichtlich wird er in neue, gefährliche Abenteuer gezogen, deren Ausgang seine Welt auf den Kopf stellt und die eigene Existenz infrage stellt.
Kapitel 1 D ie aufgehende Sonne blendete Duke, als er gähnend aus dem Panoramafenster des Beachbüros schaute und versuchte, seine verstrubbelten Haare zu bändigen. Wieder ein perfekter Tag, um sich am Strand einen kostenlosen Muskelkater zu holen, dachte er und sah sich bereits im weißen Sand joggen. Für einen doppelten Moment verlor er sich in der Weite des Ozeans und beobachtete fasziniert, wie eine Gruppe von Pelikanen so knapp über die Wellen segelte, dass ihre Flügel fast das Wasser berührten. Erst ein leichtes Hungergefühl zwang ihn, sich von dem Zauber des Moments zu lösen und in die Küche zu gehen. Nach einem ernüchternden Blick in den Kühlschrank beurteilte er die gähnende Leere als Zeichen, zum Pier hinüberzulaufen, um dort zu frühstücken. Mit den Händen in den Taschen schlenderte er auf der Strandpromenade entlang und genoss die Einfachheit seines Lebens, wo es keine Termine gab und er auf einen Kalender schauen musste, um sich bewusst zu sein, welcher Tag gerade war. Mit dem Blick auf die Wellen, die heute deutlich höher den Strand heraufrollten, ging er ein weiteres Mal den arrangierten Unfall vom Vortag durch. Soweit hatte sein Plan für ein verfrühtes Ableben des Anwalts bestens funktioniert. Somit standen nur noch zwei Personen auf seiner Liste, wobei ganz oben der korrupte Cop die Favoritenrolle einnahm, gefolgt von Mr. Krüppelmacher. Bevor er sich in den Kreativmodus steigern konnte, um sich eine geeignete Vergeltungsmaßnahme auszudenken, bemerkte er aus dem Augenwinkel einen neu eröffneten Bagel-Shop. Normalerweise ließ er sich nicht durch plumpe Werbung von Restaurants oder Lieferdiensten verführen, die damit protzten, das beste Produkt der Welt herzustellen. Da er aber heute Appetit auf so ein paar Bagels hatte, die hier lecker auf einem Werbeaufsteller beschrieben wurden, machte er an diesem Morgen eine Ausnahme. Es waren Mexikaner, die ihn mit französischem Akzent begrüßten. Oder waren es doch eher Franzosen, die mexikanisch aussahen? Selbst, als er seine Bestellung aufgab, war er sich noch immer nicht sicher, wie die freundliche Bedienung einzuordnen war. Während er auf sein Essen wartete und einen recht guten Kaffee genoss, überlegte er, was heute auf seinem Plan stand. Die rechte Hirnhälfte machte ein paar Vorschläge und die linke protestierte dagegen. Nach einer Weile überstimmte er mit der linken Hirnhälfte die rechte mit dem Resultat, heute nichts anzustellen, was mit Pläne schmieden und Vergeltung zu tun hatte. Die vergangenen Tage waren anstrengender gewesen, als er sich eingestehen wollte. Jederzeit Herr der Lage zu sein, immer flexibel zu reagieren und auf hohem Niveau zu operieren, war selbst für ihn, der wieder fit war, eine Herausforderung. Auch wenn er körperlich nicht den Eindruck hatte, eine Auszeit zu benötigen, war ihm heute danach, irgendetwas Schönes zu unternehmen. Definitiv musste er einmal den Kopf freibekommen und abschalten. Beim Essen beobachtete er die Möwen, wie sie im Wind der Morgenbrise segelten. Ihr Synchrontanz brachte ihn auf die Idee, einmal zu prüfen, wo sich hier in der Nähe der nächste Flugplatz befand. Es konnte ja nicht schaden, mal wieder ein paar Flugstunden zu sammeln. Wie oft hatte er vom Fliegen geträumt, als er noch an den Rollstuhl gefesselt war! Die Bagels waren vielleicht nicht die besten der Welt, doch sicherlich die besten Lochbrötchen so nahe bei seinem Beachbüro. Die Kombination aus Lachs, Frischkäse und Gurke war perfekt. Wieder ein kleines Café, was er sich merken sollte. *** Barfuß und mit bloßem Oberkörper schlenderte Duke gemütlich am Strand zurück. Kurz fragte er sich, wann man wohl den Anwalt im Fahrstuhlschacht finden würde, doch dann ermahnte er sich, die Morgensonne zu genießen und sich gedanklich frei zu machen. Der Anwalt war beseitigt und somit war es keine Nervenzelle mehr wert, sich damit zu belasten. Vom Strand aus schaute er zu seinem Beachbüro hoch und war stolz auf das, was er sah. Langsam fühlte er sich angekommen in Kalifornien und musste einmal mehr feststellen, dass es die beste Idee gewesen war, aus Keene abzuhauen. Er lebte den Traum, den andere sich nicht wagten zu träumen. Mit einem frischen Level 10 setzte er sich in seinen Chefsessel und klappte das Notebook auf. Bevor er die Idee verfolgen konnte, nach dem nächstgelegenen Flugplatz zu suchen, nahm er sich die Zeit und schaute nach seinen finanziellen Ressourcen. Es war schon eine Weile her, dass er die Download-Statistik gecheckt hatte und ob die Spiele buchstäblich noch Geld einspielten. Zufrieden mit dem Kontostand, wechselte er zur Spielestatistik. Dort sah es nicht so rosig aus. Die Gratisspiele wurden weiterhin gut frequentiert, doch die kommerziellen Spiele hatten deutlich nachgegeben. Der Retro-Trend schien vorbei zu sein. Das Einzige, was gut lief, war weiterhin sein karitatives Rollstuhl-Spiel. Darüber freute er sich wirklich, denn es gab kein besseres Gefühl, als zu helfen. Obwohl da musste er sich korrigieren eher das Zweitbeste, denn die Liebe zählte ja nun auch zu den ganz großen Gefühlen. Duke war heute zu gut gelaunt, um sich von der negativen Entwicklung der Spiele den Tag vermiesen zu lassen. Stattdessen durchsuchte er das Internet nach einem Flugplatz und wurde rasch fündig. Er konnte kaum glauben, dass es nicht weit weg von seinem Büro den Torrance Airport gab. Kurzentschlossen setzte Duke sich ins Auto und erreichte nach nur 20 Minuten das Zamperine Field, wie es offiziell genannt wurde. *** Den Wagen stellte er auf dem Parkplatz neben einem Museum ab, auf dessen Dach eine alte F16 thronte. Aus dem Internet hatte er vorher erfahren, dass dieses Museum eine interessante Kollektion von historischen Flugzeugen besaß, die es selten zu sehen gab, und das wollte er sich auf keinen Fall entgehen lassen. Zuerst würde er sich den Flugplatz näher ansehen und später im Museum vorbeischauen. Neben der Eingangstür des Museums stand ein Infoständer mit ein paar interessanten Flyern. Duke griff sich einen Flyer der ansässigen Flugschule und blätterte ihn durch, lächelte voller Vorfreude und folgte der aufgedruckten Wegbeschreibung. Nach wenigen Gehminuten fand er sich vor einer verschlossenen Tür wieder. »Debbie und Lillian sind drüben im Restaurant, falls Sie die beiden suchen«, rief ihm jemand zu, der gerade den Gehweg fegte. Duke hob dankend die Hand und ging auf das Restaurant zu. Beim Eintreten entdeckte er im hinteren Teil zwei Damen bei einem Kaffee sitzen. Unverkennbar Zwillingsschwestern, nur, dass die eine rote Haare hatte und die andere wohl den blondierten Look bevorzugte. Ihm gefiel das Restaurant auf den ersten Blick. Es war schon selbst ein kleines Museum, voller Relikte aus vergangenen Fliegertagen. »Hallo«, sprach er die Ladys selbstsicher an, »man sagte mir, dass ich hier jemanden von der Flugschule finden kann.« »Na, da bist du bei uns genau richtig«, antwortete ihm die Blonde in einem kecken Ton. »Was können wir denn für dich tun? Möchtest du fliegen lernen, um ein richtiger Mann zu werden?«, fragte ihn die Rothaarige. Beide Schwestern fingen an zu kichern. Duke nickte, hob die rechte Augenbraue und erwiderte: »Nein, eigentlich bin ich hier, um Ihren Laden stillzulegen. Sie haben gegen die Bestimmung 47B-C800, Abschnitt 27 verstoßen.« Den beiden verging sofort das Lachen, sie schauten sich fragend an und blickten verdutzt zu Duke. Schließlich fand die Blonde ihre Stimme wieder und erklärte kleinlaut: »Ich kann mich an solch eine Bestimmung gar nicht erinnern. Wann sollen wir denn gegen diese verstoßen haben?« Nachdem Duke ein sehr ernstes Gesicht aufgesetzt und eine kleine Kunstpause einlegt hatte, sagte er: »Gerade eben, als Sie sich über Ihren neuen Kunden lustig gemacht haben.« Ungefragt setzte er sich zu ihnen an den Tisch und als die beiden schnallten, dass er sie veräppelt hatte, lachten alle drei los. »Mann, du bist mir ja einer. Ich habe mir fast in den Schlüpfer gemacht«, sagte die Rothaarige erleichtert. »Ich bin Debbie und das ist meine Schwester Lillian.« Nachdem er sich ebenfalls vorgestellt und ihnen erklärt hatte, dass er bereits einen Pilotenschein besaß und Interesse bekundete, ab und zu eine Cessna zu chartern, wurde es mit den beiden Fliegerfrauen eine heitere Runde. Eine volle Stunde später gingen alle drei in den Hangar der Flugschule. Neben einer Cessna 172, auf der er gelernt hatte, stand noch eine zweisitzige 152er herum, die ebenfalls der Flugschule gehörte. »Ich würde vorschlagen, dass du mit mir eine Runde drehst und wenn ich sehe, dass du die Kiste gut im Griff hast, können wir gerne einen Chartervertrag aufsetzen.« »Können wir die 152er nehmen, die würde vollkommen ausreichen. Es ist ein Modell, das ich noch nicht geflogen bin.« »Okay«, sagte Debbie, »dann kontrolliere schon einmal den Flieger und ich hole die Papiere.« Die Einfachheit der kleineren Maschine war übersichtlich und als sie abhoben, fühlte er sich großartig. Die Cessna war brandneu und ließ sich super steuern. Nichts vibrierte und der Motor drehte angenehm leise. Debbie schlug vor, an der Küste entlang bis nach San Diego zu fliegen. Während des Fluges änderte sich langsam das Wetter, wobei sich die Wolkenuntergrenze etwas absenkte. Seine Bedenken, dass sich der perfekte Fernblick verschlechtern würde, waren unbegründet. Bis zum Erreichen von San Diego blieb die Aussicht konstant, wo Duke es sich nicht nehmen ließ, ein paar gekonnte Vollkreise über der Stadt zu drehen. Zwei Stunden nach dem Start landeten sie wieder sicher auf dem Zamperine Field. Wie ein Profi schwebte er auf der Piste 29 aus. Debbie klatschte begeistert bei seiner Landung und sagte noch im Cockpit, dass er jederzeit willkommen wäre, eine Maschine zu chartern. Spontan lud er die beiden Schwestern anschließend zum Mittagessen ein, erzählte dabei ein paar lustige Halbwahrheiten und hatte das Gefühl, zwei neue Freundinnen gewonnen zu haben. Er mochte ihren Humor und die groben Späße, die sie immer auf Lager hatten. Im Museum stellte er ernüchternd fest, dass hier überwiegend Militärflugzeuge ausgestellt waren, nicht gerade das, was er erwartet hatte. Was für eine Geldverschwendung, die hier herumstand. Tonnen von Dollar, die für Rüstung ausgegeben wurden, um dann letzten Endes in einem Museum zu verstauben. Etwas ziellos lief er durch die großen Hallen, entdeckte hin und wieder einige Flugzeuge, die er schon in anderen Ausstellungen gesehen hatte und fing an, sich zu langweilen. Enttäuscht und schon im Begriff den Ausgang anzusteuern, entdeckte er in einem kleinen Raum ein Exponat, das mit einem Mal seine ganze Aufmerksamkeit hatte. Duke stand vor einer Global Hawk Drohne und war erstaunt, diese hier vorzufinden. Soweit ihm bekannt war, befanden sich diese Dinger noch immer im aktiven Einsatz. Unauffällig drehte er sich um, doch niemand war zu sehen und Kameras gab es scheinbar ebenfalls nicht. Mutig stieg er über die Absperrung und berührte vorsichtig das fliegende Auge. In diesem Moment stellten sich seine Härchen am ganzen Körper auf und er bekam eine Gänsehaut, gefolgt von einem Kribbeln, das wie eine warme Welle durch ihn rauschte. Wow, dachte er demütig, wie viele Typen wohl durch solche Dinger schon gestorben waren. Er stellte es sich bildlich vor, wie so ein Turban-Träger mit seinem schicken Sprengstoffgürtel kurz zuvor aus einer Höhle gekrochen kam, um zu sehen, ob heute ein guter Tag war, sich bei Allah die 72 Jungfrauen abzuholen, um im nächsten Moment pulverisiert zu werden. Duke war sich nicht sicher, was er von solch einer Kriegsführung halten sollte, wo Soldaten im Schichtbetrieb in dunklen Containern mit einem Joystick in der einen und einem Becher Kaffee in der anderen Hand über Leben und Tod entschieden. Videospiel in Realität. Aus Highscore wurden Orden. Und wenn der Drohnen-Bändiger einmal abgelenkt war, weil er sich am Sack kratzen musste, dann gab es einen Abzug von Bonuspunkten für Kollateralschäden. Nachdenklich lief Duke ein paarmal um die Drohne herum und schoss einige Fotos von ihr. Wie er das Teil so musterte, fragte er sich, ob er seine unfertige Version des Flugsimulators nicht komplett neu überdenken sollte. Warum nicht einen Kracher programmieren, bei dem man einem Schurkenstaat mit einer Drohne die Hölle heiß macht? Langsam formte sich in seinem Kopf schon eine Idee zu dem neuen Projekt. Mit Sicherheit würde er dafür viele euphorische Spieler finden. Gewalt funktionierte immer. Somit könnten diejenigen, die durch die Musterung gefallen waren, wenigstens am Bildschirm beweisen, wie Demokratie funktioniert und dreidimensional allen zeigen, wie eine Flagge richtig geschwenkt wird. Duke schmunzelte ein wenig, denn er hatte das Spiel bereits im Kopf zum Leben erweckt. Denn wie sagte Michelangelo es schon so schön, als er den Marmorblock mit dem Werkzeug bearbeitete, um seinen David zu meißeln: „Er war schon vorhanden, ich habe ihn nur aus dem Marmor befreit“. Und Duke brauchte das Spiel nur zu programmieren.
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